In dem Film Der Himmel über Berlin gibt es die Figur des Homer, der sich in der Gegenwart des Jahres 1987 in der Staatsbibliothek am Potsdamer Platz in Berlin aufhält und sich Gedanken macht. Eines der ihm von Autor Peter Handke in den Mund gelegten Zitate bewegt mich, seit ich den Film das erste Mal gesehen habe.
„Was ist denn am Frieden, dass er nicht auf die Dauer begeistert und dass
sich von ihm kaum erzählen lässt?“
Eine profane Assoziation zu diesem Zitat ist, dass Christopher McKee in seinem Buch Story. Die Prinzipien des Drehbuchschreibens. betont, das oberste Prinzip des Erzählens sei der Konflikt. Konflikte machen eine Geschichte interessant. Das ist natürlich keine erschöpfende Antwort in Bezug auf die Frage, gibt aber möglicherweise einen Hinweis: Ist Frieden als Erzählstoff nicht interessant genug, um zu unterhalten?
Viel sinnvoller als das Beantworten der zitierten Frage finde ich ohnehin, sie so stehenzulassen. Im besten Falle inspiriert sie. Sie kann einladen über den großen Frieden nachzudenken, also über die Abwesenheit von Krieg und dem, was verharmlosend als „bewaffneter Konflikt“ bezeichnet wird. Sie kann aber auch zu Gedanken über den privaten Frieden führen, über Friedfertigkeit als Eigenschaft und als Wert in persönlichen Begegnungen.
Ich habe anhand der Frage immer mal wieder über unterschiedlichste Dinge nachgedacht, letztlich auch über Märchen. In Bezug auf Märchen gibt es die Zuschreibung der Grausamkeit, die immer wieder zu märchenpädagogischen Debatten führt. Sollte man Kinder vor Märchen schützen, weil die Grausamkeiten sie traumatisieren? Oder sind die Grausamkeiten gerade gut, weil sie dem Kind helfen innere Konflikte zu lösen und zu reifen? (Zum Thema „Märchen und Grausamkeit“ empfehle ich den Aufsatz Achtung böse! von Dr. Oliver Geister. PDF öffnet sich im neuen Fenster.)
Am Ende habe ich mir 2006 die Frage gestellt, ob es mir gelingt, ein Friedensmärchen zu erzählen. Dabei ging es mir nicht darum, dass von Anfang bis Ende keine Konflikte geschildert werden. Mein Ziel war, dass Friedfertigkeit als Wert das Märchen maßgeblich prägt. Dieser Ansatz ist, was Märchen angeht, nicht häufig zu finden. Zumindest habe ich den Wert Friedfertigkeit in Märchen selten in handlungsbestimmender Weise entdeckt.
Am Ende kam dabei das Märchenhörspiel „Der Poesieminister“ heraus (Hintergründe). Die Lesefassung des Märchens ist mittlerweile in dem Buch Märchenhelden unterwegs enthalten. Eine neue Hörspielfassung gibt es direkt hier: